Unser Leitbild

Präambel

Die im Folgenden vorgestellten Leitsätze fassen die Grundsätze, Ideale, Werte und Haltungen zusammen, denen die Mitglieder des Ordens der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz –  Haus Sankta Melitta Iuvenis (OSPI) verpflichtet sind und an denen sie sich im Umgang mit den sich ständig verändernden gesellschaftlichen Herausforderungen orientieren. Wir sind Mitgliedsorganisation der Deutschen Aidshilfe (DAH) e.V. und des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Landesverband Berlin e. V. Somit gelten auch deren Leitbilder und Grundsätze für uns.

Die Leitsätze wurden am 27. Januar 2013 von der Generalversammlung des OSPI verabschiedet; sie werden regelmäßig überprüft (zuletzt am 08. Mai 2020) und gegebenenfalls an veränderte Bedingungen angepasst.

    

Wer sind wir?

Wir sind queere Nonnen des 21. Jahrhunderts. Das bedeutet, dass wir den gesellschaftlichen Zwang zur Heteronormativität kritisch hinterfragen. Es muss Menschen erlaubt sein, ihr Leben mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten, Lebensentwürfen und Geschlechtsidentitäten in Frieden zu leben.

    

Wieso sind wir Schwestern?

Wir verstehen die Schwester als Archetypus des helfenden Menschen, der sich selbstlos für die Gemeinde, insbesondere für die Notleidenden und Bedrängten, einsetzt und sein Tun und Wirken aus innerer Überzeugung zur Verfügung stellt.

    

Wieso sind wir ein Orden?

Unsere Gemeinschaft von Schwestern, Gardisten, Auszubildenden sowie Seligen und Ordensdamen bezeichnen wir als Orden. Diese Struktur haben wir uns freiwillig selbst auferlegt, um uns eine gemeinsame und dennoch individuelle Form zu geben, in der wir jenseits unserer persönlichen Bedürfnisse und Befindlichkeiten seelische, geistige und körperliche Hilfe und Unterstützung bieten.

    

Wieso sehen wir so aus?

Unser Habit (Ornat/Ordenstracht) versinnbildlicht unsere Zusammengehörigkeit als internationaler Orden über die Grenzen von Ländern und Kontinenten hinweg und unterstreicht, dass wir gemeinsame Grundsätze und Werte vertreten.

Unser weiß grundiertes Gesicht ist dabei ein Symbol für den Tod. Damit ist auch der soziale Tod gemeint. Unser farbenfrohes und schillerndes Make Up versinnbildlicht das Leben und die Lebensfreude, die wir dem Tod durch unseren Dienst an der Gemeinde entgegensetzen.

    

Woher kommen wir?

Die Sisters of Perpetual Indulgence wurden am Karsamstag 1979 in San Francisco gegründet und haben sich seitdem in viele Länder dieser Welt verbreitet. Seit unserer Gründung in Deutschland im Jahre 1991 gehören wir dieser weltweiten Ordensgemeinschaft an. Die internationalen Schwestern arbeiten seit Anbeginn emanzipatorisch. Zusätzlich haben wir uns seit 1982 der Prävention sexuell übertragbarer Infektionen (STI) mit Schwerpunkt HIV verschrieben.

    

Wofür sind wir da?

Unsere Mission besteht darin,

–    universelle Freude zu verbreiten

–    stigmatisierende, also von außen aufgezwungene, Schuld zu tilgen

–    stetig öffentlich zu manifestieren

–    offen zu sein für die Sorgen und Nöte anderer

–    über sexuell und beim Drogengebrauch übertragbare Infektionen (STI) zu sprechen

–    und Menschen, die von HIV und Aids betroffen sind, ideell und materiell zu unterstützen.

    

Für wen sind wir da?

Wir sind für alle Menschen da. Wir bewegen uns in unserer Arbeit aber vorrangig in schwulen, lesbischen, bisexuellen, trans* und inter* Zusammenhängen, in denen wir primär unsere Gemeinde sehen.

    

Was tun wir konkret?

Wir dienen unserer Gemeinde durch stete öffentliche Manifestation, indem wir uns in unserem Habit in der Öffentlichkeit bewegen, Bars, Kneipen, Cafés, Clubs, Discos, Events, Straßenfeste, CSDs und Demonstrationen sowie Tagungen, Empfänge und Kongresse besuchen und eigene Veranstaltungen organisieren, um mit unserer Gemeinde ins Gespräch zu kommen.

Wir halten Händchen, trocknen Tränen, hören zu und kümmern uns gerade in Zeiten zunehmender Vereinsamung um das seelische Wohl unserer Mitmenschen.

Wir verschenken Kondome und andere Safer-Sex-Utensilien, um auf die Möglichkeiten, sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen, aufmerksam zu machen. Dabei sind wir seit jeher in unserer Präventionstätigkeit ergebnisoffen und gehen differenziert auf die Situation jeder Person ein.

Wir sammeln Spenden, um Menschen, die von HIV und Aids betroffen sind, entweder direkt oder durch die Förderung anderer Projekte finanziell zu unterstützen. In besonderen Fällen sammeln wir auch Spenden für Organisationen, die emanzipatorische Ansätze verfolgen.

Wir fördern schwules, lesbisches, bisexuelles, trans* und inter* Bewusstsein. Dies tun wir in freien Formen künstlerischen und kreativen Ausdrucks.

Alle unsere Dienste und Hilfeleistungen üben wir ehrenamtlich, demütig, gemeinnützig und selbstlos aus.

    

Was ist unsere Vision?

Durch unsere Art zu leben, zu lieben und zu arbeiten sind wir in unserer innersten Natur Vorkämpferinnen und Wegbereiterinnen eines neuen ganzheitlichen Bewusstseins, eines auf Spiritualität, Liebe, Bewusstseinsentwicklung und Eigenverantwortlichkeit begründeten politischen Verständnisses des Menschen.

Wir akzeptieren alle Menschen in ihrem So-Sein, ohne zu werten oder zu verurteilen.

Wir treten ein für die Förderung von Akzeptanz und Solidarität in der gesamten Gesellschaft und auch innerhalb der queeren Gemeinde. Dies tun wir in besonderem Hinblick auf das Leben, die Lebensart und den Lebensstil schwuler, lesbischer, bisexueller und trans* Menschen.

Unser Ansatz ist an Ressourcen statt an Mängeln orientiert, wobei uns bewusst ist, dass dies eine besondere Herausforderung darstellt, an der wir stetig arbeiten müssen.

    

Wie sind wir juristisch organisiert?

Wir betreiben einen eingetragenen, vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannten Verein mit dem Namen „Orden der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz – Haus Sankta Melitta Iuvenis e.V.“, kurz OSPI e.V.

Wir treffen unsere Entscheidungen und Beschlüsse grundsätzlich basisdemokratisch auf unserem monatlich stattfindenden Mitgliedertreffen, der Abendvesper. Unser Vereinsvorstand, der Hohe Rat, besteht aus drei Personen. Er bereitet die Mitgliedertreffen vor, organisiert das Tagesgeschäft und vertritt unseren Verein gegenüber Institutionen und Behörden.

Mindestens einmal im Jahr tagt unsere Generalversammlung, die Versammlung aller stimmberechtigten Mitglieder. Sie wählt den Hohen Rat sowie die Schatzmeister*in und die Revisor*innen. Als höchstes Gremium unseres Vereins entscheidet die Generalversammlung über Satzungsänderungen, unsere Beitragsordnung sowie die grundsätzlichen Richtlinien unserer Vereinsarbeit.

Der Verein steht im Hintergrund unserer Ordensstruktur und bildet lediglich den juristischen Rahmen für unsere Arbeit.

    

Wer sind unsere Mitglieder?

Unser Orden besteht aus Schwestern, Gardisten, Noviz*innen, Seligen, Ordensdamen, Postulant*innen, Aspirant*innen, Schwestern und Gardisten im Ruhestand und Heiligen.

Schwestern und Gardisten sind voll ordinierte Ordensmitglieder. Sie lenken die Geschicke des Ordens und repräsentieren den Orden gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien.

Novizinnen und Novizen sind Lernschwestern und Lerngardisten. Sie gestalten die Ordensarbeit mit, dürfen aber nur im Beisein von Schwestern und Gardisten manifestieren.

Selige sind Fördermitglieder und unterstützen unsere Arbeit ideell und finanziell. Sie nehmen auch aktiv am Ordensleben teil und zeigen ihre Ordenszugehörigkeit nach außen.

Menschen, die sich in besonderem Maße um den Orden und seine Ziele verdient gemacht haben, tragen wir die Ehrenmitgliedschaft an und verleihen ihnen den Titel Ordensdame honoris causa.

Postulant*innen und Aspirant*innen sind Ordensmitglieder ohne Stimmrecht, die sich in der Ausbildung zur Schwester oder zum Gardisten befinden.

Schwestern und Gardisten im Ruhestand sind voll ordinierte Ordensmitglieder, die sich aus dem aktiven Dienst zurückgezogen haben. Sie sind bei Manifestationen herzlich willkommen, haben aber kein Stimmrecht.

Unsere verstorbenen Ordensmitglieder können als Heilige kanonisiert werden.

    

Wieso gibt es eine Ausbildung?

Die mannigfaltigen Aufgaben voll ordinierter Ordenmitglieder sind ohne eine gewissenhafte und fundierte Ausbildung nicht zu leisten, da unsere Ordensarbeit sehr komplex und vielfältig ist.

In ihrer Ausbildung lernen unsere angehenden Schwestern und Gardisten den Umgang mit unserer Gemeinde.

Im Besonderen gilt es dabei, ein Bewusstsein für sein eigenes Tun und Handeln zu entwickeln und sich vor Augen zu führen, welche Verantwortung wir in unserer Arbeit übernehmen.

Ganz praktisch bedeutet es auch, dass unsere Auszubildenden in Projektarbeit lernen, wie man Manifestationen vorbereitet, umsetzt und leitet. Auch das Heineinwachsen in unsere Ordensstruktur und das gemeinschaftliche Zusammenarbeiten sind wichtige Aspekte.

Im Allgemeinen dient die Ausbildung als Grundgerüst, um eine Ordenspersönlichkeit zu entwickeln und diese mit Leben zu erfüllen.

    

Wo arbeiten wir?

Wir sind ein Berliner Ordenshaus und haben hier unseren Arbeitsschwerpunkt.

Darüber hinaus manifestieren wir häufig, gerne auch in Kooperation mit anderen Ordenshäusern, bundesweit.

Gelegentlich werden wir auch zu Veranstaltungen im europäischen Ausland eingeladen und arbeiten dort mit den gegebenenfalls existierenden Ordenshäusern eng zusammen.

Selbstverständlich besuchen wir regelmäßig die Ordenshäuser in aller Welt, um unsere guten Beziehungen innerhalb des weltweiten Ordens zu pflegen und auszubauen. Ebenso haben wir auch immer wieder internationale Schwestern bei uns zu Gast.

    

Wie arbeiten wir?

Wir arbeiten ausnahmslos ehrenamtlich und stellen uns und unsere Arbeit selbstlos und vorurteilsfrei zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass jede*r von uns nur so viel Zeit und Energie investiert, wie sie*er kann und möchte.

Durch unsere fundierte Ausbildung wird jede Schwester und jeder Gardist in die Lage versetzt, selbstständig zu arbeiten, Projekte zu initiieren, Veranstaltungen zu leiten, Ideen zu entwickeln sowie Kooperationspartner*innen und Sponsor*innen zu finden. Hierbei arbeiten wir ressourcenorientiert und arbeitsteilig in verschiedenen Konstellationen, auch in Kooperation mit anderen Gruppen und Institutionen. Das kann organisatorisch, konzeptionell, gestalterisch, handwerklich, technikorientiert oder darstellend (auf der Bühne) sein. Dabei sind wir uns auch nicht zu fein, handfest mit anzupacken, wenn es darauf ankommt.

Dadurch, dass unsere Ordensmitglieder ganz unterschiedliche Hintergründe haben, bringen sie vielfältige Erfahrungen in den Orden ein. Dies wird ausdrücklich gewünscht und gefördert und bietet uns die Möglichkeit, uns auf unterschiedlichste Art und Weise innerhalb der Gemeinde einzubringen.